Kommt es zu einem Rechtsstreit vor einem Amtsgericht, so hat jeder Bürger die Möglichkeit, sich dort selbst zu verteidigen. Vielen ist unbekannt, dass vor einem Amtsgericht kein Rechtsanwalt notwendig ist. Mit Hilfe der „Rechtsantragsstelle“ am Amtsgericht hat zudem jede Person die Möglichkeit, sich bei einem gerichtlichen Klageverfahren kostenlos unterstützen zu lassen. Dieser Ratgeber soll erläutern, wie im Falle eines Rechtsstreits am Amtsgericht vorgegangen werden kann, ohne anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ich habe mit der Post eine Klageschrift zugestellt bekommen. Was muss ich nun tun?
In einem ersten Schritt müssen Sie unbedingt alle zugeschickten Unterlagen vollständig in einem extra hierfür angelegten Ordner abheften. Dieser Ratschlag klingt simpel, ist aber sehr wichtig. Meistens beinhaltet der gerichtliche Brief sehr viele Seiten, und es besteht die Gefahr, dass eines der Dokumente verloren geht. Zudem haben Sie durch die Aufbewahrung in einem Ordner später die Möglichkeit, weitere Schreiben in zeitlicher Reihenfolge korrekt einsortieren zu können.
Bitte denken Sie dabei daran, den gelben Briefumschlag mit abzuheften, in dem sich die Klageschrift befand. Denn auf diesem ist das Datum der Zustellung vermerkt, also das Datum, an dem Sie den gerichtlichen Brief zuhause erhalten haben. Dieses Datum ist wichtig, denn ab diesem beginnt die vom Gericht gesetzte Frist zu laufen, innerhalb der Sie auf die Klageschrift reagieren müssen.
Welchen Inhalt hat das gerichtliche Schreiben?
Im Normalfall erhalten Sie ein Anschreiben vom örtlich zuständigen Amtsgericht, das Ihnen die Klageschrift geschickt hat. In diesem Schreiben erläutert Ihnen das Gericht, was Sie nun tun müssen, und wieviel Zeit Sie hierfür haben. Neben dem Anschreiben finden Sie häufig ein Informationsblatt mit allgemeinen Informationen zum gerichtlichen Klageverfahren am Amtsgericht. Schließlich liegt die Klageschrift bei, inklusive aller Anlagen. Von dieser Klageschrift ist noch eine „Abschrift“ beigefügt, die keine Anlagen enthält.
Wieviel Zeit habe ich, um auf die Klageschrift zu reagieren?
Bitte lesen Sie hierzu das Schreiben des Amtsgerichts genau durch. Meistens sind zwei Fristen erwähnt: Einmal eine Frist von zwei Wochen für die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft, und weitere zwei Wochen für die Abgabe der Begründung. Insgesamt haben Sie somit vier Wochen Zeit, um eine Stellungnahme auf die Klageschrift abzugeben. Bitte markieren Sie alle im gerichtlichen Schreiben benannten Fristen farblich, damit Sie diese später sofort wieder auffinden können.
Manchmal kommt es aber auch vor, dass Sie sowohl für die Anzeige der Verteidigung, als auch für die Begründung Ihres Abweisungsantrags insgesamt nur zwei Wochen Zeit haben. Dies gilt vor allem für die sog. "vereinfachten Verfahren" nach § 495a ZPO. Das ist dann deutlich im Schreiben vom Amtsgericht vermerkt.
Lesen Sie also genau durch, was Ihnen der Richter schreibt, und welche Fristen er setzt. Sind Sie sich unsicher, so rufen Sie den Richter unter der im Anschreiben angegebenen Telefonnummer einfach kurz an. Die meisten Richter haben nur einen einzigen Sitzungstag pro Woche, in dem sie die Verhandlungen leiten, die restlichen Tage sitzen sie alleine in ihrem Zimmer und studieren die Akten. Jeder Richter freut sich daher über einen Anruf, um ein wenig aus dieser Einsamkeit herauszukommen.
Wie kann ich mich gegen die Klage verteidigen?
Zunächst bittet Sie das Gericht, sich innerhalb einer „Notfrist“ von zwei Wochen zu melden und anzuzeigen, ob Sie sich gegen die Klage verteidigen möchten.
Hier bietet sich eine staatliche Hilfe an, die sog. „Rechtsantragsstelle“ am Amtsgericht. Die Rechtsantragsstelle hilft Ihnen kostenlos, sich gegen die Klage zu verteidigen. Rufen Sie beim Amtsgericht an, von dem Sie die Klageschrift erhalten haben, und erfragen die Öffnungszeiten der Rechtsantragsstelle. Evtl. lassen Sie sich direkt in diese Abteilung verbinden und vereinbaren einen Termin.
Anschließend suchen Sie die Rechtsantragsstelle auf und lassen von den dort tätigen Justizbeamten Ihre Verteidigungsbereitschaft gegen die Klage aufnehmen. Beachten Sie dabei, dass Ihnen die Rechtsantragsstelle lediglich bei den Formalitäten hilft. Rechtliche Beratung dürfen die Rechtspfleger der Rechtsantragsstelle nicht vornehmen.
Eine weitere Möglichkeit ist die, dass Sie Ihre Verteidigungsbereitschaft gegen die Klage selbst schriftlich dem Gericht bekannt geben. In diesem Fall müssen Sie nicht persönlich bei der Rechtsantragsstelle erscheinen. Es genügt, wenn Sie ein Schreiben an das Gericht schicken, in dem steht, dass Sie sich gegen die Klage verteidigen möchten.
Senden Sie Ihr Schreiben vorab per Fax an das Gericht, und schicken Sie es per Einschreiben mit Rückschein nach. Oder Sie geben es persönlich im Amtsgericht ab, und lassen sich die Abgabe bestätigen. Wichtig ist, dass Sie einen Nachweis haben, dass Sie das Schreiben an das Amtsgericht geschickt haben, bzw. dass dieses es erhalten hat.
Musterbrief zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft
Gerne können Sie zur Anzeige Ihrer Verteidigungsbereitschaft den folgenden Musterbrief verwenden:
Absender:
(Vorname, Name)
(Straße, Hausnummer)
(Postleitzahl, Stadt)
An
(Name des Amtsgerichts)
(Straße, Hausnummer)
(Postleitzahl, Stadt)
Per Einschreiben mit Rückschein
Vorab per Fax an: (Faxnummer des Amtsgerichts)
Aktenzeichen: (Aktenzeichen des Amtsgerichts)
Angelegenheit (Name) ./. (Name)
Schreiben des Gerichts vom (Datum), erhalten am (Datum)
Antrag auf Klageabweisung
Hiermit bestätige ich, dass ich Ihr Schreiben vom (Datum) am (Datum) per Post erhalten habe. Ich zeige an, dass ich mich gegen die Klage verteidigen möchte.
Ich stelle die folgenden Anträge:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Begründung für den hier getätigten Klageabweisungsantrag werde ich innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nachreichen.
(Ihre Unterschrift)
(Ort, Datum)
Bitte schicken Sie alle Schreiben an das Gericht immer in dreifacher Ausfertigung. Das bedeutet, dass Sie die Schreiben im Original und zweifach kopiert bei Gericht einreichen müssen, denn das Gericht behält das Original in der Gerichtsakte, und muss zwei Kopien an die Klägerseite schicken. Daher sind insgesamt drei Exemplare notwendig.
Bitte beachten Sie auch, dass Sie zusammen mit dieser Anzeige der Verteidigungsbereitschaft bereits eine Begründung für Ihren Klageabweisungsantrag abgeben müssen, falls das Amtsgericht bei Ihnen das "Vereinfachte Verfahren" nach § 495a ZPO angeordnet hat. Diese Information finden Sie im Anschreiben, das Ihnen das Amtsgericht hat zukommen lassen.
Was geschieht in diesem ersten Schreiben an das Gericht?
Sie zeigen mit dem obigen Musterbrief dem Gericht an, dass Sie die Klageforderungen nicht akzeptieren und sich dagegen verteidigen möchten. Zudem stellen Sie den Antrag, dass die Kosten des Rechtsstreits der Klägerseite auferlegt werden sollen. Für den Fall, dass Sie den Rechtsstreit gewinnen, muss dann der Kläger sämtliche Kosten des Prozesses übernehmen. Weiterhin geben Sie dem Gericht bekannt, dass Sie noch ein Schreiben abgeben werden, in dem Sie ausführlich begründen, warum die Klageforderung unberechtigt ist, und daher vom Gericht abgewiesen werden soll.
Wie reagiere ich konkret auf die Klageschrift?
In Ihrem zweiten Schreiben an das Gericht müssen Sie beschreiben, warum die Forderungen des Klägers in der Klageschrift unberechtigt sind. Hierzu sollten Sie alles, was Ihrer Ansicht nach nicht stimmt bzw. nicht richtig beschrieben ist, „bestreiten“.
Dazu lesen Sie jeden einzelnen Absatz der Klageschrift genau durch und teilen dem Gericht mit, ob das dort geschriebene korrekt ist, oder nicht. Falls der Kläger etwas schreibt, was in Ihren Augen falsch ist, so schreiben Sie dem Gericht, dass Sie das bestreiten. Anschließend teilen Sie dem Richter mit, wie es sich tatsächlich verhalten hat, und benennen hierzu einen Beweis.
Bitte beachten Sie dabei unbedingt, dass Sie dem Gericht alles selbst schreiben müssen, was Ihrer Ansicht nach zu dem Fall wichtig ist. Das Amtsgericht stellt keine eigenen Nachforschungen an. Sie müssen Ihren Antrag auf Klageabweisung daher so ausführlich und genau wie möglich begründen. Teilen Sie dem Gericht daher alles mit, was in Ihren Augen wichtig ist, um die Forderung des Klägers abzuweisen. Das Gericht muss nachvollziehen können, warum aus Ihrer Sicht die Klageforderung unberechtigt ist.
Im folgenden möchte ich Ihnen einen Musterbrief zeigen, mit dessen Hilfe Sie auf eine Klageschrift reagieren können:
Absender:
(Vorname, Name)
(Straße, Hausnummer)
(Postleitzahl, Stadt)
An
(Name des Amtsgerichts)
(Straße, Hausnummer)
(Postleitzahl, Stadt)
Per Einschreiben mit Rückschein
Vorab per Fax an: (Faxnummer des Amtsgerichts)
Aktenzeichen: (Aktenzeichen des Amtsgerichts)
Angelegenheit (Name) ./. (Name)
Schreiben des Gerichts vom (Datum), erhalten am (Datum)
Begründung des Klageabweisungsantrags
Im folgenden reiche ich die Begründung für meinen Klageabweisungsantrag vom (Datum) nach.
Begründung:
Die Klageforderung ist vollständig unberechtigt, die Klage muss daher abgewiesen werden. Ich werde nun beschreiben, warum das so ist, und die entsprechenden Beweise benennen.
Es ist korrekt, dass (…).
Falsch ist aber, dass (…). Das bestreite ich. In Wahrheit hat es sich so verhalten, dass (…). Hierzu benenne ich als Beweis den Zeugen (Name, Anschrift).
Außerdem ist falsch, dass (…). Auch das bestreite ich. Tatsächlich ist es so geschehen, dass (…) Als Beweis lege ich dem Gericht das Dokument vom (…) vor.
Auch bestreite ich, dass (…). Es geschah in der Realität ganz anders, nämlich (…). Hierzu benenne ich als Beweis die Zeugin (Name, Anschrift).
(etc.)
Damit ist belegt, dass die Klageforderung vollständig unberechtigt ist. Ich bitte das Gericht um eine Abweisung der Klage.
(Ihre Unterschrift)
(Ort, Datum)
Bitte denken Sie auch bei diesem zweiten Schreiben daran, dass Sie es im Original und zweifach kopiert bei Gericht einreichen müssen. Vergessen Sie nicht, die von Ihnen als Anlage beigefügten Dokumente ebenfalls zu kopieren.
Musterbeispiel einer Klageabweisung
Im Folgenden möchte ich Ihnen anhand eines konkreten Beispiels darstellen, wie ein vollständiger Klageabweisungsantrag an das Gericht aussehen kann. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Handyvertrag abgeschlossen und regelmäßig die monatlichen Gebühren bezahlt. Dennoch stellt Ihnen Ihr Mobilfunkanbieter plötzlich unberechtigte Forderungen in Rechnung. Sie wehren sich gegen diese Forderungen und stellen klar, dass Sie alles vollständig bezahlt haben. Dennoch erhebt Ihr Mobilfunkanbieter am Amtsgericht Ihres Wohnsitzes eine gerichtliche Klage gegen Sie.
Ich habe in diesem Musterschreiben sowohl den Klageabweisungsantrag, als auch die Begründung, in einem einzigen Schriftsatz zusammengefasst. Sie können das auch so handhaben, wenn Sie möchten. Im Rahmen eines "Vereinfachten Verfahrens" nach § 495a ZPO ist es sogar notwendig, den Klageabweisungsantrag und die Begründung für diesen Antrag in einem Schreiben zusammenzufassen.
Absender:
(Vorname, Name)
(Straße, Hausnummer)
(Postleitzahl, Stadt)
An
(Name des Amtsgerichts)
(Straße, Hausnummer)
(Postleitzahl, Stadt)
Per Einschreiben mit Rückschein
Vorab per Fax an: (Faxnummer des Amtsgerichts)
Aktenzeichen: (Aktenzeichen des Amtsgerichts)
Angelegenheit (Name) ./. (Name)
Schreiben des Gerichts vom (Datum), erhalten am (Datum)
Antrag auf Klageabweisung
Begründung des Klageabweisungsantrags
Hiermit bestätige ich, dass ich Ihr Schreiben vom (Datum) am (Datum) per Post erhalten habe. Ich zeige an, dass ich mich gegen die Klage verteidigen möchte.
Ich stelle die folgenden Anträge:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Begründung:
Die Klageforderung ist vollständig unberechtigt, die Klage muss daher abgewiesen werden. Ich werde nun beschreiben, warum das so ist, und die entsprechenden Beweise benennen.
Es ist korrekt, dass zwischen mir und dem Kläger ein Mobilfunkvertrag am 04.01.2018 zustandegekommen ist. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses habe ich alle Forderungen des Klägers regelmäßig und vollständig bezahlt. Es bestehen daher keine offenen Forderungen.
Falsch ist daher, dass ich angeblich die Rechnung vom 09.08.2018 über 45,89 EUR nicht bezahlt haben soll. Das bestreite ich. Ich habe diese Rechnung per Überweisung am 13.08.2018 bezahlt. Als Beweis lege ich hierzu meinen Kontoauszug vom August 2018 anbei, auf dem deutlich zu erkennen ist, dass ich den Betrag überwiesen habe.
Beweis: Kontoauszug vom August 2018 (Anlage B1)
Außerdem ist falsch, dass ich die Rechnung vom 12.09.2018 nicht bezahlt habe. Auch das bestreite ich. Tatsächlich habe ich diese Rechnung vollständig bezahlt und lege hierzu ebenfalls den entsprechenden Kontoauszug vom September 2018 anbei.
Beweis: Kontoauszug vom September 2018 (Anlage B2)
Die in der Klageschrift benannte weitere Rechnung vom 13.10.2018 ist fehlerhaft erstellt. Ich bestreite daher, dass diese Rechnung von mir zu bezahlen ist. Auf dieser Rechnung wird die Option „Internet Special Australia“ in Rechnung gestellt. Ich habe diese Option aber nie hinzugebucht. Als Beweis benennen ich meinen Vertrag vom 04.01.2018. Auf diesem ist deutlich zu erkennen, dass ich keine Zusatzoption für Australien gebucht habe.
Beweis: Mobilfunkvertrag vom 04.01.2018 (Anlage B3)
Weiterhin werden auf der Rechnung vom 13.10.2018 Mobilfunkverbindungen von Australien nach Deutschland im Zeitraum September 2018 zum Preis von insgesamt 347,89 EUR abgerechnet. Diese Kosten kann ich nicht verursacht haben, da ich im September 2018 nicht in Australien war. Ich war den gesamten September 2018 über in Deutschland und habe gearbeitet. Als Beweis kann ich meinen Arbeitskollegen als Zeugen benennen. Dieser hat mich jeden Tag im Büro gesehen.
Beweis: Zeuge Herr Martin Mustermann (Musterstraße 11, 83764 Musterstadt)
Ich habe gegen diese Rechnungen bereits außergerichtlich Widerspruch eingelegt und um Klärung gebeten. Leider hat sich mein Mobilfunkanbieter nicht um eine Klärung des Sachverhalts bemüht. Stattdessen wurde ein Inkassounternehmen beauftragt, das mir Mahnungen zugeschickt hat. Auch gegen diese Mahnungen habe ich Widerspruch eingelegt.
Beweis: Schriftverkehr mit Mobilfunkanbieter und Inkassobüro (Anlage B4)
Aufgrund meines Widerspruchs hätte sich der Mobilfunkanbieter um eine Klärung der Angelegenheit bemühen müssen. Es war falsch, hierauf nicht zu reagieren und mir lediglich weitere Mahnungen zuzusenden. Auch die Einschaltung eines Inkassounternehmens wäre nicht notwendig gewesen, hätte der Mobilfunkanbieter nur einmal auf meine vielen Schreiben reagiert.
Ich bestreite daher, dass ich die Inkassokosten und Mahngebühren des Klägers bezahlen muss. Das wird bestritten. Hätte sich der Kläger um eine einvernehmliche Lösung dieses Problems bemüht, so wäre ein gerichtliches Klageverfahren nicht notwendig gewesen.
Damit ist belegt, dass die Klageforderung vollständig unberechtigt ist. Ich bitte das Gericht um eine Abweisung der Klage.
(Ihre Unterschrift)
(Ort, Datum)
Wie geht es nach der Klageerwiderung weiter?
Nachdem Sie die Begründung für die Klageabweisung bei Gericht eingereicht haben, wird diese an die Klägerseite zugestellt. Damit erhält der Kläger Gelegenheit, auf Ihr Schreiben zu reagieren.
Damit vergehen ein paar Wochen. Nach einiger Zeit erhalten Sie ein weiteres Schreiben vom Amtsgericht. Dieses enthält die Stellungnahme auf Ihr Schreiben. Nun müssen Sie erneut auf das neue Klägerschreiben reagieren. Gehen Sie wieder Absatz für Absatz durch und überprüfen Sie, ob der Kläger die Wahrheit schreibt oder nicht.
Sind in dem Schreiben wieder Unstimmigkeiten enthalten, so reagieren Sie in gleicher Weise wie auf das erste Schreiben. Sie gehen wiederum Absatz für Absatz des klägerseitigen Schriftsatzes durch und schreiben dem Gericht, ob das so korrekt ist oder nicht. Ist es falsch, was der Kläger schreibt, so bestreiten Sie das, und stellen klar, wie es in Wahrheit war.
Es ist gut möglich, dass auf diese Weise mehrere Schreiben hin- und hergehen, bis der Richter den Termin für eine mündliche Verhandlung, also den eigentlichen Gerichtstermin, festsetzt.
Der Gerichtstermin (mündliche Verhandlung)
Am Tag des Gerichtstermins wird der Richter zunächst in den Sachverhalt einführen. Meist stellt der Richter den Fall dar und beleuchtet die Argumente von beiden Seiten. In vielen Fällen gibt der Richter anschließend seine eigene Meinung zu diesem Fall wider, und lässt erahnen, wer den Fall im Rahmen seines noch auszusprechenden Urteils gewinnen wird.
Zunächst jedoch fragt der Richter beide Parteien, ob sie zu einer gütlichen Einigung bereit wären. Eine gütliche Einigung, also ein Vergleich, bedeutet, dass kein Urteil gefällt wird, sondern dass sich beide Seiten auf eine einvernehmliche Lösung einigen. Meist sieht diese so aus, dass die klägerseitige Forderung vom Beklagten nur zur Hälfte zu bezahlen ist, und dass jede Seite die eigenen Kosten des Rechtsstreits übernimmt.
Sollte die gegnerische Seite mit einer solchen gütlichen Einigung einverstanden sein, so empfiehlt es sich in den meisten Fällen, diese gütliche Einigung anzunehmen. Der Vorteil liegt darin, dass damit der Rechtsstreit vollständig beendet ist. Ihnen droht kein abweisendes Urteil mehr, in dem Sie möglicherweise die gesamte Klageforderung bezahlen müssen, und zusätzlich die Kosten des Rechtsstreits. Zudem droht keine weitere Instanz, der Kläger kann bei einem Vergleich nicht in Berufung oder Revision gehen. Die Angelegenheit ist mit einer Einigung vollständig abgeschlossen.
Sollte keine gütliche Einigung gefunden werden können, so fragt Sie der Richter am Ende der mündlichen Verhandlung, ob Sie die Klageabweisungsanträge aus Ihren Schreiben stellen möchten. Diese Frage müssen Sie mit „ja“ beantworten.
Schließlich diktiert der Richter das Protokoll der im Gerichtssaal anwesenden Justizbeamtin.
Dieses Protokoll bekommen Sie mit der Post zugeschickt, ebenso das Urteil. Dieses erhalten Sie meist ca. zwei bis drei Wochen nach dem Gerichtstermin.
Es besteht in manchen Fällen die Möglichkeit, dass ein weiterer Gerichtstermin festgesetzt werden muss. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn entweder die Klägerseite oder die Beklagtenseite einen Zeugen benennt, den der Richter anhören möchte. Kommt es in dem ersten Gerichtstermin zu keiner gütlichen Einigung, so setzt der Richter den zweiten Termin fest, um den Zeugen zu verhören.
Möglich ist auch, dass im Rahmen des Rechtsstreits ein Gutachten notwendig wird. Gutachter kommen immer dann zum Einsatz, wenn technische Fragen beantwortet werden müssen, die der Richter als technischer Laie nicht selbst beantworten kann. Nachdem das Gutachten vorliegt, wird ein zweiter Gerichtstermin festgelegt, in dem das Gutachten besprochen wird.
Es gibt aber auch Gerichtsfälle, in denen keine mündliche Verhandlung angesetzt wird. Das kommt meistens dann vor, wenn der Streitwert klein ist, und der Richter den Sachverhalt als eher unproblematisch ansieht. Vor allem dann, wenn das "Vereinfachte Verfahren" nach § 495a ZPO angeordnet wird, findet meist keine mündliche Verhandlung am Amtsgericht statt. Sind Sie sich unsicher, ob bei Ihnen eine mündliche Verhandlung stattfinden wird, oder nicht, so rufen Sie einfach kurz den Richter an.
Das Urteil
Konnte während des Gerichtstermins keine gütliche Einigung gefunden werden, so erhalten Sie nach einiger Zeit das Urteil per Post.
Sind Sie Beklagter, und steht in dem Urteil „Die Klage wird abgewiesen“, so haben Sie den Rechtsstreit gewonnen. Sie müssen dann keine Zahlungen an die Klägerseite leisten. Das ist der Optimalfall.
Findet sich in dem Urteil allerdings der Satz „Der Beklagte zahlt an den Kläger x,xx Euro usw.“, so haben Sie den Rechtsstreit ganz oder zumindest teilweise verloren. Sie müssen dann die Forderung, welche im Urteil niedergeschrieben ist, erfüllen. Steht dort, dass Sie eine Zahlung an den Kläger zu leisten haben, so sollten Sie diese Zahlung sehr zeitnah vornehmen. Zur Hauptforderung kommen die Nebenkosten und die Zinsen hinzu, so wie es im Urteilstext festgehalten ist. Die umgehende Überweisung ist wichtig, damit die im Urteil benannte Forderung nicht zu einem Schufa-Negativeintrag führt.
Die Beträge überweisen Sie an die Klägerseite unter Bezugnahme auf das Aktenzeichen des Klägers und das Urteil. Sind Sie unsicher, wohin Sie die vom Gericht festgelegte Forderung überweisen müssen, so rufen Sie einfach den Kläger oder dessen Rechtsanwalt an. Dieser wird Ihnen eine entsprechende Bankverbindung benennen. Wichtig: Sie müssen die im Urteil festgelegten Beträge niemals an das Gericht überweisen, sondern immer an die Klägerseite.
Nach dem Urteil
Es kann sein, dass Sie im Anschluss an das Urteil noch weitere Post vom Gericht erhalten. Hierbei handelt es sich meist um die Bezahlung der Prozesskosten. Vor allem dann, wenn vor Gericht eine gütliche Einigung getroffen und die gegenseitige Aufhebung der Kosten festgelegt wurde, erhalten Sie mit großer Wahrscheinlichkeit noch Post zu den Fragen der Ihnen entstandenen Prozesskosten. Ist das der Fall, so empfehle ich Ihnen, auch in Bezug auf diese Schreiben die Rechtsantragsstelle aufzusuchen, um dort kostenlose Hilfe zu erhalten.
Dieser Ratgeber stellt die Rechtsansicht der Kanzlei Hollweck dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit. Wie in jeder Publikation können sich auch hier Fehler oder Unvollständigkeiten eingeschlichen haben. Sollten Sie bzgl. dieses Ratgebers einen Fehler entdecken oder einen sonstigen Hinweis machen wollen, so können Sie sich gerne unter Kontakt an mich wenden. Ich werde mich dann umgehend um Ihr Anliegen kümmern. Bitte beachten Sie auch die Hinweise im Impressum.
Rechtsanwalt Thomas Hollweck - Verbraucheranwalt in Berlin -
Bundesweit tätige Rechtsanwaltskanzlei
Schwerpunkt Verbraucherrecht und Verbraucherschutz
Abwehr von unberechtigten Forderungen